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Atomarer Ausstieg: Die erste Priorität bei der Senkung des Stromverbrauchs setzen

Jean-Philippe Scalbert, Dipl.Ing Eidgenössische Technische Hochschule Zürich

Atomausstieg, ja aber wann?

Ein grosser Teil der Schweizer Bevölkerung fühlt sich von einer unmittelbaren Gefahr bedroht, weil er einschätzt, dass ein atomarer Unfall auch in der Schweiz und nicht nur in Ukraine oder in Japan sich bereits morgen ereignen kann. Der anderer Teil der Bevölkerung empfindet diese Angst nicht, weil er den Schweizern (und französischen?) Verantwortlichen vertraut, den atomarer Unfall mit hundertprozentiger Sicherheit vermeiden zu können. Der Konflikt um die Atomkraftwerke ist eigentlich ein Glaubenskrieg.

Gegenwärtig setzen die Atombefürworter ihre « Religion » durch, und muten ihren Gegnern ein latentes Unsicherheitsgefühl zu.

Jedoch hat das Volk beschlossen, dass er dieser Unsicherheit los werden will, und für den atomaren Ausstieg im Jahre 2012 gestimmt.

Aber die Atombefürworter haben die Lage wieder im Griff :Der „Fukushima-Effekt“ lässt bereits nach, und rund um die Debatte über die Energetische Strategie 2050 scheinen die Regierung und die Bundeskammern eher bemüht zu sein, die Lebensdauer der AKW’s zu verlängern, die erneuerbare Stromproduktion und sogar stromfressende Produkte wie die Elektrowärmepumpe oder das aufladbare Elektroauto zu fördern, als sich auf das wirklich Wesentliche zu konzentrieren: den Stromverbrauch zu senken.

 

Die Bevölkerung ist stromsüchtig: Sie befindet sich in der Lage eines Rauchers, der weiss, dass er sich selber schadet, ohne jedoch die Kraft zu finden, gegen seine eigene Sucht zu kämpfen. Wenn sich neue, elektrisch angetriebene Produkte in unserem Alltag durchsetzen, wird die heutige und zukünftige Atomstrom-Abhängigkeit so stark sein, dass es nie möglich sein wird, rechtzeitig auf die AKW’s zu verzichten. Das Schweizer Volk befindet sich in der Lage eines Rauchers, der Angst vor einem Lungenkrebs hat, aber trotzdem nicht fähig ist, aufzuhören zu rauchen.

 

Es gilt nun, eine effiziente Strategie zur raschen Senkung des Verbrauchs zu definieren. Diese Strategie muss dann auf eine transparente und glaubwürdige Art erläutert werden, bis Volk und Politik bereit sind, sich mit den nötigen finanziellen und personellen Ressourcen zu dotieren.

 

Der Interessenkonflikt zwischen Nuklearausstieg und CO2

Es ist unbestritten, dass gewisse Strategien zum Nuklearausstieg (wie Gaskraftwerke oder Blockheizkraftwerke), eine Erhöhung der CO2-Emissionen verursachen. Umgekehrt haben gewisse Strategien zur Reduktion der CO2 – Emissionen (z.B. Heizungswärmepumpen, aufladbare Elektromobile) den Atomausstieg zu verzögern. Wie soll man mit diesem Interessenkonflikt umgehen?

 

Einerseits befinden sich die Schweizer Atomkraftwerke in unserem Land, andererseits kann sich der atomare Unfall theoretisch morgen ereignen. Der nukleare Ausstieg ist deshalb ein souveräner Entscheid, der uns von einer vielleicht unmittelbaren Katastrophe schützen soll. Hingegen ist die Emission von CO2 global und entwickelt sich langsam. Zudem hängt sie nicht nur von uns ab. Selbst drastische Bemühungen werden nicht verhindern, dass andere Staaten ihren Anteil an die globalen CO2-Emissionen nicht verändern. Somit werden unsere lokale CO2 Reduktion sehr wenig zur Vermeidung vom Treibhauseffekt beitragen.

Diese Abwägung zeigt, dass der atomare Ausstieg prioritär behandelt werden muss. Die Bemühungen um die Reduktion der CO2 – Emissionen, dürfen jedoch nicht nachlassen. Sicher ist, dass alle Lösungen, die erlauben, den Interessenkonflikt zwischen atomarem Ausstieg und CO2-Emissionen umzugehen oder zu vermeiden, dringlich und mit den nötigen Mitteln realisiert werden müssen !

 

Eine Alternative zur atomaren Stromproduktion suchen, ja aber…

Wenn das Wetter kalt und bedeckt ist, produzieren die Photovoltaik – und Windanlagen kaum Strom. Ausgerechnet in dieser klimatischen Situation, braucht es aber grosse Stromleistungen, um die elektrischen Heizungen – insbesondere auch die Wärmepumpen – sowie die Beleuchtungen zu versorgen. Die Öffentliche Meinung ist dessen nicht bewusst und schenkt der erneuerbaren aber klimaabhängigen Stromproduktion als Alternative zum Atomstrom zu viel Vertrauen.

Die Speicherung der Solar- und Windenergie ist eine unabdingbare Bedingung, um sicherzustellen, dass diese klimaabhängigen Techniken wirklich zum Atomausstieg beitragen. Die Stromspeicherung muss mit den nötigen Mitteln Gegenstand eines nationalen Forschungsprojekts werden und vom Bund – nicht nur von einzelnen Initiativen mit begrenzten Mitteln – getragen werden.

Kurzfristig braucht es eine intensive Medienarbeit, um die Möglichkeiten der Solar- und Windenergie zu relativieren und die Dringlichkeit der Umsetzung von Stromsparmassnahmen zu betonen, wenn man den Atomausstieg wirklich erreichen will. Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde ist ein vermindertes Risiko, entflieht dem Interessenkonflikt mit der Klimaerwärmung und macht den Atomstrom überflüssiger.

 

Stromsparmassnahmen : Viele Reden aber wenige Taten

Sogar der Bund ist zweideutig: Vor 30 Jahren wurde das Bundesprogramm „RAVEL“ zur Förderung von Stromsparmassnahmen in allen Verbrauchssektoren lanciert. Trotz einem Nachfolgeprogramm ist RAVEL mehr oder weniger in die Schublade verschwunden. Die Regierung und das Parlament scheinen sich nun eher auf die Probleme der Stromproduktion zu konzentrieren und delegieren diejenigen des Stromkonsums an die Kantone, welche mit ungleichen und ungenügenden Mitteln ihre Aufgabe wahrnehmen.

Die Widerstandsstromheizung zum Beispiel ist auf Kantonsebene nur mit einer gewissen Zurückhaltung in Frage gestellt. Aber niemand setzt den Finger auf grosse Stromverbraucher wie die bereits sehr verbreitete Elektrowärmepumpe oder das kommende Elektroauto des Typs „Plug In“.

Die Sanierung von grossen Industriebetrieben mit sehr hohem Stromverbrauch, zum Beispiel bei der Zementindustrie, wird im Einvernehmen mit den Behörden aus wirtschaftlichen Gründen aufgeschoben.

Die Einkaufzentren und Warenhäuser werden selten Gegenstand von Kritiken im Bezug auf ihren Stromverbrauch. Jedoch werden sie mit aufwendigen und farbigen und von weitem sichtbaren Leuchtreklamen ausgerüstet, die auch während der Nacht durchgehend leuchten. Im Sommer bei hohen Aussentemperaturen braucht es eine Jacke um die übertriebene Klimatisierung im Laden – nicht nur bei den Frischprodukten – zu ertragen.

Die meisten Staatlichen Institutionen bekennen sich offiziell zu einem sparsamen Umgang mit der Elektrizität, investieren aber wenig in Massnahmen zur Stromverbrauchsreduktion der öffentlichen Gebäude, der öffentlichen Verkehrsmittel und der technischen Betriebe. Kantonale Statistiken zeigen es, wenn sie überhaupt existieren.

 

Die Finanzierung der Stromsparmassnahmen

Man stellt fest, wie schwer das Verbot von elektrischen Widerstandsheizungen auf kantonaler Ebene durchzusetzen ist. Alles, was die individuelle Freiheit und den freien Verkauf von nützlichen aber „stromfressenden“ Produkten einschränkt, weist eine schlechte Akzeptanz auf.

Der Staat kann aber in bestimmten Fällen seine Verantwortung wahrnehmen und sehr dirigistisch werden: er kann in eigener Kompetenz sehr hohe Summen aus Steuergeldern für Finanzierungen einsetzen, die unter Umständen das Volk in einer entsprechenden Abstimmung vielleicht nicht akzeptiert hätte.

Im atomaren Bereich ist es der Fall, zum Beispiel für die Verteilung von Jodtabletten, die Forschung über die Lebensdauerverlängerung und den Zurückbau der AKW’s und für die Suche nach Lösungen für die langfristige Entsorgung von radioaktiven Abfällen. In finanziellen und monetären Bereichen greift der Staat zur Steuerkasse, sei es für die Rettung der „too big to fail“ Banken oder für die Erhaltung der Frankenparität. Im Gesundheitsbereich ist der Staat auch nicht mehr so liberal: Grosse Summen sind der Krankassenprämienhilfe oder der Verteilung von Impfstoffen gewidmet. Alle diese „Geldgeschenke“ werden in einem fast generellen Konsens verteilt!

Schlussendlich wird im Bereich der Stromversorgung die erneuerbare Produktion von Elektrizität mit einer kostendeckenden Vergütung honoriert.

Sollte nicht der Bund ähnliche Geldsummen für die Finanzierung von flächendeckenden Stromsparmassnahmen verwenden können? Die Senkung des Stromverbrauchs ist eine Voraussetzung und der schnellste Weg zum Atomausstieg. Und dieser wurde beschlossen, um die Gesamtbevölkerung vor einem atomaren Unfall zu schützen. Bevölkerungsschutz ist eine Bundesaufgabe und darf deshalb nicht den Kantonen herabdelegiert werden.

 

Einige konkrete Massnahmen

 

Widerstandselektroheizungen und Elektrowärmepumpen sollen durch Holzpelletsheizungen ersetzt werden.

Darüber zu schweigen, dass die Elektrowärmepumpe eine elektrische Heizung ist: Eine halbe Lüge oder eine halbe Wahrheit?

Machen wir eine kleine Berechnung: Ein Haushalt mit 2 Personen verbraucht jährlich etwa 3- bis 4000 kWh für Beleuchtung, elektrische Geräte und Haustechnik (ohne Beheizung). Für ein kleines, nach den heutigen Normen gebautes Haus mit einer beheizten Fläche von 150 m2, braucht es 10- bis 12’000 kWh an jährlicher Heizenergie. Wenn das Haus mit einer Elektrowärmepumpe mit einem Wirkungsgrad von 300% beheizt wird, braucht es für ihren Antrieb immer noch 3000 kWh. Demzufolge wird der Stromverbrauch dieses Haushaltes verdoppelt! Sollte die Elektrowärmepumpe mit Solarenergie angetrieben werden, bleibt der übrige Stromverbrauch unberührt. Die hier eingesetzte Sonnenenergie hat somit nichts zum Atomausstieg beigetragen. Die Elektrizitätsproduktion – ob erneuerbar oder nicht – muss für die Aufgaben „reserviert“ werden, für welche keine Alternative zum Strom besteht.

Dies bedeutet, dass die Elektrowärmepumpen nicht mehr zu Heizwecken verwendet werden sollten. Ihre Installation in neuen Heizanlagen und ihr Ersatz, nach dem Erreichen ihrer Lebensdauer muss Gegenstand eines Moratoriums werden.

Für ihren Ersatz steht eine gute Lösung zu Verfügung. Die Holzpelletsheizung ist klimaneutral und technisch ausgereift. Die Pelletskessel der letzten Generation weisen dank einer sehr vollständigen Verbrennung minimale Staubwerte auf.

 

 

 

RAVEL Programm wiederaufnehmen und Stromsparmassnahmen subventionieren

Besitzer von bestehenden Wohnhäusern sollen beispielsweise folgende Massnahmen realisieren und dafür entsprechende Subventionen beantragen können:

  • Ersatz sämtlicher Glüh- und Halogenlampen durch LED oder Sparlampen
  • Ersatz der Heizungs-Umwälzpumpen durch kleinere, korrekt dimensionierte Pumpen
  • Vorgezogener Ersatz aller Haushaltsgeräte älterer Generation durch sparsame und geprüfte Geräte

 

Im Bereich der Warenhäuser, zusätzlich:

  • Im Sommer Raumtemperaturen in Einkaufszentren und Supermärkten ausserhalb des Frischproduktbereichs erhöhen. Aussentemperatur nie um mehr als 6°C unterschreiten.
  • Luftmengen und Betriebszeiten der Ventilationsanlagen überdenken und genauer an die effektiven Bedürfnisse anpassen
  • Leuchtreklamen kleiner dimensionieren, mit LED oder Sparlampen ausrüsten und nachts abstellen.

 

Solche Massnahmen können auch flächendenkend in sämtlichen öffentlichen Gebäuden realisiert werden.

Das technische Sparpotential soll zudem in den öffentlichen Technischen- und Verkehrsbetrieben, in der Industrie und im gewerblichen Bereich aufgrund von spezifischen zielgerichteten Studien ausgeschöpft werden.

 

Soll das oben genannte Stromsparpotential flächendeckend ausgeschöpft werden, ist es unerlässlich und dringlich, über die Dimension des gesamten Vorhabens nachzudenken: Die beträchtlichen personellen und finanziellen Ressourcen müssen erfasst und bereitgestellt werden, keine kleine Aufgabe!

Für die finanzielle Mittel: warum nicht das System der kostendeckenden Einspeisevergütung um die Stromsparmassnahmen erweitern? Eine gesparte Kilowattstunde kann im Prinzip einer produzierten Kilowattstunde gleichgestellt werden. Es wäre denkbar und zielgerichtet, zum Beispiel den vorgezogenen Kühlschrankersatz, oder den Ersatz von sämtlichen Glüh- und Halogenlampen durch LED’s, oder den Ersatz einer Elektrowärmepumpe durch einen Holzpelletskessel, auf die gleiche Art und Weise wie heute dreifach verglaste Fenster oder Aussenfassadenisolationen, zu subventionieren.

 

Den Anmarsch des Elektromobils stoppen

Solange die Speicherung der klimaabhängigen, erneuerbaren Stromproduktionen nicht befriedigend realisierbar ist, wird das Elektroauto ein Mehrfaches der für die Beleuchtung und die Haushaltgeräte verwendeten Strommengen beanspruchen. In unserem obigen Berechnungsbeispiel würde ein Elektroauto mit einem realistischen Verbrauch von 6000 kWh/a den ursprünglichen Stromverbrauch des Haushaltes verdreifachen! Sollte sich das Elektroauto schnell ausbreiten, ist eine globale Senkung des Strombedarfs und somit der atomare Ausstieg unerreichbar.

Das Elektroauto darf wie die Elektropumpe nur mit Solarstrom angetrieben werden, und zwar erst nachdem die Senkung des Stromverbrauchs bereits zum atomaren Ausstieg geführt hat.

 

Klimatisierungstechnik überdenken

Die Klimatisierung ist sehr stromintensiv. Mit einer knapp dimensionierten, bedarfsabhängigen Auslegung der Luftmengen und der Temperaturschwellen kann ein beträchtliches Potential an Stromeinsparungen in den öffentlichen Bauten, im Gewerbe und in der Industrie ausgeschöpft werden.

In vielen Fällen kann die zugeführte Luft in Wärmeaustausch-systeme (Erdluftregister und ähnliche Systeme) , die ohne Wärmepumpe, das heisst praktisch ohne Stromeinsatz, einen thermischen Austausch zwischen Erdreich und Luft bewirken, im Winter vorgewärmt und im Sommer gekühlt werden.

 

Gebäudeautomation fördern

Die computergestützte Gebäudeautomation liegt im Trend, setzt sich aber aus Kostengründen nur langsam durch. Sie trägt zur sparsamen Regulierung der Heizung, des Lichtes, der Klimatisierung und des Sonnenschutzes bei, weil sie sich am besten dem reellen Bedarf anpasst und somit jeden überflüssigen Energieeinsatz verhindert. Dieser Branche fehlt es heute an Unterstützung und an personellen Ressourcen und sollte gefördert werden.

 

Kurzfristige Strategie

 

Die Realisierung der Stromsparmassnahmen ist ein Wirtschaftsmotor

Einerseits bedeutet der atomare Ausstieg die Aufgabe von Aktivitäten, das heisst von Arbeitsplätzen in bestimmten Bereichen (Kraftwerkbau, Wärmepumpen- und Elektromobilhandel). Andererseits sollten die technischen Stromsparmassnahmen ein beträchtliches Arbeitsvolumen schaffen und somit eine Vielzahl von Branchen mobilisieren und Arbeitsplätze erzeugen können.

 

Die einzusetzenden Berufsgattungen fördern

Leider hält sich unsere Jugend oft von den Karrieren in technischen Berufen fern. Den grossen Herausforderungen im Bereich der Gebäudetechnik scheint es an Attraktivität zu mangeln.

Auf dieser Ebene muss bei einem jungen Zielpublikum eine pädagogische Medienarbeit geleistet werden, die ein Bild des atomaren Ausstiegs vermittelt, das sich nicht damit begnügt, zu denunzieren und zu protestieren, sondern die Dimension eines in die Zukunft gerichteten und sinnvollen Berufs vermittelt.

 

Grossflächige nationale Sensibilisierungskampagnen

Die Aufgabe, Strom einzusparen, um die Angst vor einem atomaren Unfall zu überwinden, ist eine Volksaufgabe! Mit grossflächigen Kampagnen wie denjenigen gegen AIDS, könnte eine solche Botschaft vermittelt werden. Nur mit solchen Mitteln können die öffentliche Meinung und die Politik verstehen, wo die Logik liegt. Will man sich wirklich von dieser „Zauberlehrlingstechnologie“ entfernen, darf man nicht mehr mit gut schweizerischen Kompromissen und halben Wahrheiten, sondern muss mit beeindruckenden und überzeugenden Argumenten kommunizieren.

In diesen Medienkampagnen muss man auch Klarheit über die reellen Kosten der Atomkraftwerke schaffen, das heisst, die Kosten für ihren Rückbau und für die definitive Entsorgung der radioaktiven Abfälle berücksichtigen, und die bisherigen halben Wahrheiten deutlich und laut ergänzen. Dabei muss man auch zeigen, dass die technischen Stromsparmassnahmen nicht teurer werden als die unsinnige Lebensdauerverlängerung der bestehenden AKW’s.

Der atomare Ausstieg ist oft mit dem Bild eines alternativen, sogar marginalen Lebensstils in Verbindung gesetzt worden. Zudem wenden sich die antiatomaren Botschaften meistens an bereits überzeugte Bevölkerungsschichten. Sie mangeln an Glaubwürdigkeit bei der Mehrheit der Bevölkerung, die befürchtet, dass der atomare Ausstieg einen Verzicht auf den vielfältigen Komfort bedeutet, welchen die Elektrizität bietet. Die Botschaft des atomaren Ausstiegs muss über diesen Punkt beruhigend wirken.

 

Eine gewichtige politische Bewegung schaffen

Sensibilisierungskampagnen sind die Vorstufe einer überparteilichen politischen Bewegung, ohne welche nichts realisiert werden kann. Die bevorstehenden Entscheidungen sind so schwerwiegend, dass man zuerst eine Schockwirkung befürchten muss, die aber mit konstruktiven und glaubwürdigen Vorschlägen sofort gedämpft werden kann. So kann eine in die Zukunft gerichtete, dynamische Bewegung entstehen.

Folgende Phasen sind in Betracht zu ziehen:

  • Zuerst einen soliden und aus anerkannten Persönlichkeiten bestehenden Kern schaffen
  • Multiplikatoren ausbilden, die den Willen für eine rasche politische Aktion ausbreiten
  • Soziale Netzwerke nutzen
  • Sich mit anderen antiatomaren Bewegungen verbinden (Observatoire du nucléaire, Greenpeace, WWF usw…)
  • Eine Medienkampagne mit klaren und glaubwürdigen Slogans starten.

 

Die nötigen Gesetze und Verordnungen erlassen

Ohne staatlichen Eingriff (Interventionismus) wird es nicht möglich sein, den vorgezogenen Ausstieg zu erwirken. Zum Beispiel müssen:

  • Nicht nur elektrische Widerstandsheizungen verboten, sondern auch ein Moratorium über Elektrowärmepumpen und andere Produkte, die ihre Aufgabe mit anderen Energieformen als Strom erfüllen können, erlassen werden.
  • Die Einführung der Elektroautos gesetzlich beschränkt werden.

Diese Art von Massnahmen ist diskriminierend und in Widerspruch mit dem freien Markt. Ohne politischen Konsens können demzufolge die oben genannten Verbote nicht erlassen werden. Eine Utopie?

 

Kurzfristige Finanzierung der Stromsparmassnahmen

Wenn der Gesetzgeber die Betreiber von Anlagen zwingt, diese kurzfristig und vor dem Erreichen ihrer Lebensdauer zu ersetzen, muss er einen grossen Teil der Investitionen subventionieren. Er muss zudem die von den gesetzlichen Einschränkungen betroffenen Wirtschaftszweige unterstützen. Er muss für die Finanzierung von gezielten Studien über mögliche Stromsparmassnahmen in Industrie und Gewerbe sorgen. Und er muss über die Finanzierung der Realisierung der Massnahmen verhandeln. Er muss demzufolge sehr rasch mit den nötigen Kompetenzen und personellen Ressourcen versehen werden.

Diese Forderung kann wiederum vielleicht utopisch scheinen. Aber das ist der einzige Weg, um den Ausstiegsprozess zu beschleunigen.

 

Schlussfolgerung

 

Der atomare Ausstieg kann nicht mit schwach greifenden Stromsparmassnahmen und schönen Reden erreicht und schon gar nicht beschleunigt werden. Nur die Gefahren der veralteten AKW’s zu denunzieren, genügt noch weniger. Die obigen Überlegungen und Vorschläge scheinen vielleicht auf den ersten Blick masslos. Aber gegen den extremen Druck, den die Atomlobby ausübt, um die Nukleartechnologie zu fördern und sowohl Fukushima als auch die Probleme der Entsorgung der radioaktiven Abfälle in Vergessenheit zu bringen, genügt ein helvetischer Kompromiss sicherlich nicht!

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Ursprung und Ziel des Aufrufs Genf II

1978 hat eine Gruppe Akademiker der Universität Genf einen Aufruf an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments gerichtet, um eine Lösung zu finden, den Super-Phenix in Creys-Malville (Frankreich) und die Plutoniumgesellschaft auszutauschen. So entstand der « Aufruf Genf ».

35 Jahre später sind einige Freunde, sensibilisiert durch die immer grösseren Probleme der nuklearen Technik, sehr besorgt über die chronischen Fehlinformationen, die aus dem schwer geschädigten und verseuchten Japan kommen, wohl darauf abzielend, dass die Welt rasch den « Unfall » vergisst, und die Kerntechniker weiterhin ihre neuen Zentralen verkaufen können.

Um Bewusstsein  zu erwecken wird von den Verfassern des ersten Genfer Aufrufs, nach verschiedenen Überlegungen, ein neuer Text aufgesetzt :

« Aufruf Genf II »

Dieser Text sollte von jedem Adressaten grosszügig weitergeleitet werden, an Personen seiner Wahl, im Netz, um Nachdenken und Reaktionen zu provozieren, kurz- jede Aktion wahrzunehmen, die unsere Autoritäten dazu bringt, ihre Verantwortung gegenüber der immer grösser werdenden Gefahr dieser massiven Zerstörungsenergie zu übernehmen.

Wir haben zwar weder die Struktur, noch die Möglichkeit, eine weltweite Aktion zu leiten ; aber den festen Willen, mit unseren bescheidenen Mitteln, dazu beizutragen, dass diese gefährliche Energieform aufgegeben wird, um den Wandel auf erneuerbare Energien zu beschleunigen.

Wenn auch Sie unterschreiben wollen und für weitere Informationen : appel2genève@gmail.com

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Genferaufruf II an politische Autoritäten

Wir müssen die Atomenergie aufgeben, und zwar jetzt !

Die Atomkatastrophen von Tchernobyl und Fukushima sind in einem Zeitraum von 25 Jahren passiert. Obwohl man uns versichert hatte, dass solche Unfälle nahezu unmöglich seien !

Unsere Politiker haben das geglaubt, und wir auch. In Wirklichkeit ist es unrealistisch,

solche Unfälle vorher berechnen zu können. Sie wurden sogar auf einen Unfall in 100’000 Jahren geschätzt. Die traurige Wahrheit ist aber, dass es in 25 Jahren gleich zweimal passierte.

Heute sind etwas weniger als 400 Nuklearreaktoren weltweit in Betrieb. Die nächste Katastrophe könnte also irgendwo und irgendwann wieder passieren. Der jetzige Zustand der immer älterwerdenden Zentralen kann eine solche Möglichkeit nur vergrössern.

Das radioaktive Potenziell dieser Installationen ist absolut erschreckend : es kann jeden Bewohner unserer Erde auslöschen und dies mehrere zehntausendmal. Es genügt, wenn nur ein winziger Teil dieser Kraft in die Natur austritt, um eine Katastrophe zu produzieren.

Vergessen wir nicht, dass alles, was geschehen könnte, letzlich auch geschieht… Tchernobyl und Fukushima sind zwei Beweise. Das einzige Mittel, diese Gefahr zu beseitigen ist, die Zentralen abzuschalten, darin den Atommüll, den sie verursacht haben, zu deponieren, den bestrahlten Brennstoff zu filtern und in angemessenen Containern und Depots zu lagern, und schliesslich diese Stätten in ein Mausoleum zu verwandeln. Diese Mausoleen werden ein Mahnmal für zukünftige Generationen sein und zeigen, wie die Konsequenzen und Risiken von nicht beherrschter Technik aussehen.

Anstatt zu versuchen, uns die schon passierten Katastrophen vergessen zu lassen, sollten Staaten, internationale Institutionen, und führende Witschaftsmächte sich entschliessen,

die Atomenergie aufzugeben, um den Wandel für alternative Energie einzuleiten, die zweifellos fähig ist, Atomenergie zu ersetzen, wenn man aufhört, ihr Steine in den Weg zu legen.

Wir können es uns nicht mehr erlauben, das Risiko einer tödlichen Atomkatastrophe einzugehen, die weite Teile einer Region unbewohnbar machen würde, nur unter der fragwürdigen Begründung, man brauche unbedingt einen deutlich höheren Elektrizitäts-konsum. Vergessen wir nicht, dass man zuerst die Atomzentralen gebaut hat, und sich erst dann gefragt hat, wie man die produzierte Elektrizität am besten verkaufen solle. Dies hat die Elektrizitätsfirmen dazu gebracht, absurde Massnahmen zur Steigerung des Stromverbrauchs zu finden, wie z.B. elektrische Heizungen, oder öffentliche Beleuchtung der Städte.

Die Nuklearenergie ist keine erneuerbare Energie, der Verzicht darauf ist unvermeidlich.

Jedes Hinauszögern vermehrt nur die Gefahr einer nächsten Katastrophe. Nach Fukushima hat Japan fast alle seine Reaktoren stillgelegt, das zeigt, dass dies machbar ist !

Es ist die einzige verantwortliche Haltung und der einzige Weg, die unlösbaren Probleme zu vermeiden, die wir zukünftigen Generationen hinterlassen würden.

Genf, den 24. Mai 2013

Pierre Lehmann, Atomphysiker  Paul Bonny, Genfer Bürger Yves Lenoir, Physiker  Ivo Rens, Professor H.C. Universität Genf  Remy Pagani, Genfer Bürgermeister  Michèle Rivasi, Gründerin des CRIRAD u. Europäische Abgeordnete der Grünen  Wladimir Tchertkoff, Vizepräsident Kinder von Tchernobyl  Prof. Alexey V.Yablokov, Akademie der Wissen-schaften Russland Anne-Cécile Reimann, Präsidentin ContrAtom Genf  Luc Recordon, Schweizer Abgeordneter  Wataru Iwata, Japanischer Bürger  Michel Fernex, emeritierter Professor Medizinische Fakultät Basel Roger Nordmann, Schweizer Parlamentsabgeordneter  Liliane Maury Pasquier, Schweizer Parlamentsabgeordnete  Bruno Barillot, Preisgewinner Nuclear Free Future Award 2010-Polynésie française  Philip Lebreton, emeritierter Professor, Universität Lyon 1  Victor Ruffy, früherer President des Schweizer Nationalrates  Jean-Robert Yersin, Abgeordneter Kanton Vaud, Schweiz  Robert Parsons, Journalist  Isabelle Chevalley, Schweizer Parlamentsabgeordnete  Luc Breton, früher verantwortlicher Experte für Strahlen-schutz, Institut Suisse de Recherche Expérimentale sur le cancer, Epalinges (Suisse) Yves Renaud, Diplom des CNAM-Paris Jürg Buri, Director Schweizerische Energie-Stiftung, Zürich Frédéric Radeff, Genfer Bürger François Lefort Prof. HES, Genfer Abgeordneter Walter Wildi, Prof. Geologie Universität Genf Joel Jakubec, Evang. Pastor Genf Danielle Martinet, Genfer Bürgerin Cyril Mizrahi, ehemalig konstituirende (GE) Manuel Tornare, Schweizer Parlament, ehemaliger Genfer Bürgermeister Salima Moyard, Genfer Abgeordnete Marc Oran Abgeordneter Kanton Vaud Guillaume Mathelier, Bürgermeister von Ambilly (F) Edouard Dommen, Ethiker Micheline Calmy-Rey, ehemalige Präsidentin der Schweizer Confédération Renaud Gautier, Genfer Abgeordneter Pierre Mercier, Professor H.C. Universität Lausanne.

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